Ein kommunaler Hafen kann ein Standortvorteil sein – wenn man ihn entsprechend in Szene setzt. Wir fordern: endlich ein Konzept statt Stillstand.
Im Mai besuchte unsere Stadtratsfraktion den Industriehafen Roßlau – einen Ort, den viele Menschen vermutlich nur vom Hörensagen kennen. Dabei ist der Industriehafen ein verkehrspolitisches Standbein unserer Stadt: Auf dem Gelände mit einem Schienennetz von fast 4 Kilometern werden Güter bewegt, gewogen und rangiert. Auch eine eigene Lokomotive kommt zum Einsatz. Der Wasserweg über die Elbe hingegen ist fast vollständig zum Erliegen gekommen – die Pegelstände schwanken extrem, vor allem in den zunehmend heißen und niederschlagsarmen Sommermonaten. Die Klimakrise zeigt sich hier mit voller Wucht: Sinkende Wasserstände machen die Elbe unpassierbar. An verlässliche Schifffahrt ist kaum noch zu denken – klar, auch mit wirtschaftlichen Folgen. Zugleich geraten die ökologischen Funktionen des Flusses und seiner Auenlandschaft aus dem Gleichgewicht. Die zunehmende Erosion des Flussbetts senkt den Grundwasserspiegel in den Auen – mit der Folge, dass diese langsam austrocknen und ihr wertvoller Baumbestand stirbt.
Seit April 2024 ist Dessau-Roßlau wieder alleinige Eigentümerin des Hafens. Die Einnahmen des Hafens stammen vor allem aus technischen Dienstleistungen – doch steigende Kosten für Personal und Instandhaltung stellen ihn zunehmend unter Druck. Gleichzeitig führen höhere Trassenpreise auf der Schiene dazu, dass Unternehmen vermehrt auf Lkw umsteigen – eine Entwicklung, die unserer Vorstellung von Verkehrswende klar widerspricht.



Dabei liegt genau hier ein enormes Potenzial: Mit seinen Flächenreserven, seiner Bahninfrastruktur und der strategischen Lage ist der Hafen prädestiniert für zukunftsgerichtete Ansiedlungen – ob produzierendes Gewerbe, Handwerk, Kreislaufwirtschaft oder grüne Energien. Der Hafen kann mehr sein als nur ein Umschlagplatz: Er kann Produktionsstandort, Logistikdrehscheibe und Zukunftslabor zugleich werden. Ein Ort, an dem ökologische Verantwortung, wirtschaftliche Stärke und städtische Entwicklung miteinander verwoben sind.
Wir brauchen ein ganzheitliches Konzept, das den Hafen als zukunftsfähigen, kommunalen Wirtschaftsstandort entwickelt – und zugleich den Schutz der Elbe als naturnahes Ökosystem in den Mittelpunkt stellt. Beides gehört zusammen, wenn wir Klima, Artenvielfalt und Lebensqualität langfristig sichern wollen. Dafür stehen wir.
Bastian George
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